Es muss nicht immer Pompeji sein! Wer sich im Süden Italiens befindet, kann auch einen Abstecher nach Herculaneum machen. Diese antike Stadt, am Golf von Neapel gelegen, galt einst als Ressort der Wohlhabenden. Viele aristokratische Römer verbrachten dort den Sommer. Als im Jahre 79 der Vesuv ausbrach, wurde die Stadt zusammen mit Pompeji verschüttet. Sie geriet in Vergessenheit und lag 1600 Jahre lang unter der Erde. Erst 1709 wurde Herculaneum von einem Bauern, der einen Brunnen anlegen wollte, wiederentdeckt (Pompejis Entdeckung sollte noch länger auf sich warten lassen). Die folgenden „Grabungen“ konnten nur auf bergmännische Art und Weise – mit Schächten und Stollen – durchgeführt werden. Denn die Stadt war von einer bis zu 25 Meter hohen Schicht vulkanischen Tuffsteins bedeckt. Der vom Himmel fallenden Mischung aus Asche und Bimsstein waren während des Vesuv-Ausbruches „pyroklastische Ströme“ mit einer Hitze von etwa 500 Grad gefolgt, die viele Bewohner der Stadt an einem thermischen Schock sterben ließen. Aber das vulkanische Material hat die Gebäude und unzählige Gegenstände zugleich sehr gut konserviert. Unter den europäischen Künstlern und Gelehrten war die Entdeckung Herculaneums die Sensation schlechthin – sie soll sogar die Ära des Klassizismus eingeleitet haben.
Seitdem hat man die sich schwierig gestaltenden Ausgrabungen langsam und mit größeren Unterbrechungen fortgesetzt. In der Frühzeit der Grabungen wurden viele archäologische Spuren bedauerlicherweise durch unsachgemäßes Vorgehen zerstört. Am Anfang der achtziger Jahre haben die Archäologen das alte Ufer der Stadt freigelegt, wobei sie auch die Reste von etwa 250 Menschen fanden, die an den Strand geflüchtet und dort ums Leben gekommen waren (die heutige Küste liegt ganze 400 Meter weit entfernt). Inzwischen sind von der etwa 20 Hektar großen Stadt viereinhalb Hektar freigelegt worden. Die massive Gesteinsschicht und die Tatsache, dass ein großer Teil der antiken Stätte unter der heutigen Stadt liegt, lassen es unwahrscheinlich erscheinen, dass Herculaneum jemals vollständig ausgegraben wird. Trotzdem ist die Ruinenstadt äußerst sehenswert und für Besucher viel einfacher zu erschließen (sprich: viel kompakter) als Pompeji. Von Neapel aus kann man das heutige „Ercolano“ mit dem Zug bequem erreichen. Inklusive Hin- und Rückfahrt sollte man dafür einen halben Tag einplanen. Vor Ort befindet sich auch ein gut sortierter Buchladen. Und wer sich einen kleinen Snack mitnimmt, kann ein „Picknick mit Blick auf antike Ruinen“ genießen!
Juli 2009