Es ist dunkel. Bitterkalt. Ich kauere in der Ecke. Habe mich vollständig unter meiner Decke verkrochen. Ich atme flach. Auf keinen Fall bewegen. Heute Abend darf niemand mehr in den Keller kommen. Es ist Sonntag, der 13. Dezember 1942. Heute muss ich ein neues Leben beginnen. Ab jetzt bin ich ein U-Boot. Ich habe keine Familie mehr. Keine Freunde, kein Zuhause. Ich muss alleine Leben. Im Untergrund, im Versteck. Ich bin 19 Jahre alt …
So beginnt das Buch von Isaak Behar, mit dem Tag, an dem er das Haus ohne Judenstern verlässt, seine Familie deportiert wird und er gezwungen ist im Untergrund zu leben. Das Leben im Untergrund, das heißt das Leben in der Illegalität, ist auch ein Thema, mit dem sich der Verein „unter-berlin" befasst. So beschreibt Behar die Flucht vor der SS, der Gestapo, der Polizei und den Greifern, jenen Juden, die von den Nazis unter Druck gesetzt wurden, untergetauchte Juden aufzuspüren. Er berichtet von der Schwierigkeit zu überleben, Verstecke zu finden, Nahrungsmittel zu bekommen. Sein Schicksal zeigt aber auch, dass es zur damaligen Zeit in Deutschland Menschen gab, die den Juden halfen, ihnen Unterkunft gaben, sie versorgten. Der Repressionsapparat funktionierte eben nicht perfekt, wie uns mancher Zeitzeuge glauben machen möchte.
Man konnte sich den Nationalsozialisten widersetzen, die Hilfe für Juden wurde eben nicht konsequent bestraft. Das ist eine der Hauptaussagen dieses lesenswerten Buches. Historiker gehen davon aus, dass es in Berlin 5 000 „U-Boote" gab, in 3 500 Fällen wurden sie oder ihre Helfer denunziert. 1 500 überlebten die Nazizeit in Berlin. So auch Behar. Er beschreibt, was er erlebte. Dazu gehören Freundschaften, aber auch, so zynisch es klingt, die Freude über jede Bombe, die auf Deutschland fiel und damit das Ende des Krieges ein bisschen näher brachte.
Der Autor, der als Einziger seiner Familie überlebte und später die Transportlisten seiner Angehörigen in das Vernichtungslager Auschwitz in den Händen hielt, referiert heute in Schulen vor Jugendlichen oder aber auch vor jungen Polizisten über sein Leben unter den Nazis. Das Buch ist lesenswert, weil es nicht bei einer Lebensgeschichte endet, sondern die NS-Zeit kritisch reflektiert.
Versprich mir dass du am Leben bleibst
Isaak Behr
Ullstein Berlin 2002
ISBN 3-898-34036-8
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