In Wirklichkeit war der „Führerbunker trotz seiner vielen Räume ein schäbiger Unterstand mit roh verschalten Betonwänden. Schon damals war er feucht, wegen seiner Baumängel musste er permanent ausgepumpt werden. Währe dem Führer etwas früher der Sprit ausgegangen, wäre er recht schnell ersoffen …
So Henryk M. Broder in seinem Beitrag über den Führerbunker und dem sich daneben befindenden Holocaust-Mahnmal. Er ist erschienen in einem sehr lesenswerten Buch mit dem Titel „Böse Orte: Städten nationalsozialistischer Selbstdarstellung – heute". Natürlich wissen die Herausgeber dieses Sammelbandes, dass Orte nicht „böse" sein können. Viel eher geht es ihnen darum, den Umgang mit den Orten der Täter zu beschreiben. Hierunter zählen z.B. der Berghof am Obersalzberg, das „Kraft durch Freude"-Bad Prora, das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, das Olympiastadion in Berlin oder aber ein vergessenes Stück Autobahn in Bayern. An all diesen Orten des „negativen Erinnerns" hat sich, wie es die Wissenschaft es nennt, ein „wildes Gedenken" entwickelt. Es ist ein Erinnern außerhalb der wissenschaftlichen Institutionen, abseits der offiziellen Gedenkkultur. Diese Form des Gedenkens halte die abenteuerlichen „Märchen von der Wahrheit des Führers" bereit, so die Herausgeber, und viel abenteuerliches über die Unterwelt.
Geschrieben sind die Beiträge aus der Sicht des Flaneurs, was bisweilen in einer unfreiwilligen Komik mündet. Dabei wird beim Lesen der Beiträge deutlich, warum das „wilde Gedenken" den Blick für die wirklich relevanten Informationen und politischen Zusammenhänge verstellt. Es ist einerseits die Überidentifikation der Akteure, die meist in ihrem Leben nicht weiteres haben als die „bösen Orte", mit denen sie sich befassen. So weisen die Herausgeber auch darauf hin, dass Erinnerung vielschichtig und labyrinthisch sei und nicht immer den demokratischen Grundkonsens festige, sondern ihn auch untergraben könne. Und so waren die Autoren wer Erinnerungsorte sich selbst überlasse, das heisst dem „wilden Gedenken", nehme solche Entgleisungen in Kauf.
Böse Orte Stätten nationalsozialistischer Selbstdarstellung - heute
Stephan Porombka und Hilmar Schmundt (Hrsg.)
Berlin 2005
ISBN 3-546-00380-2