Von geheimen Tunneln, Haftzellen, Schutzräumen und besetzten Häusern
Mit einem Artikel in der „Berliner Zeitung“ fing im Februar 2006 alles an: Da war die Rede von dem ehemaligen Jüdischen Altersheim in der Schönhauser Allee 22. In dem Gebäude sollte nun, so der Bericht, ein „Kulturhaus“ eingerichtet werden. Bei der Lektüre des Textes stieß eines unserer Vereinsmitglieder auf die Information, dass es im Keller einen Gefängnistrakt gab, in dem während des Oktobers 1989 offenbar Demonstranten festgehalten worden waren. Zudem war in dem Text auch von einem Notstromaggregat die Rede. Der Verein wurde neugierig – was hatte es mit diesem Keller auf sich?
Was folgte, war eine endlose Recherche, die dem Verein oft wie ein Fass ohne Boden vorkam. Mit diversen Unterbrechungen zog sich die Arbeit an diesem Projekt über anderthalb Jahre hin. In den für die Recherchen konsultierten Archiven waren nur wenige relevante Unterlagen vorhanden. Deswegen musste „in alle Himmelsrichtungen“ geforscht werden. Die verwendeten Quellen stellen somit eine bunte Mischung aus Originaldokumenten, Sekundärliteratur, Briefen und E-Mails diverser Institutionen, mündlichen Aussagen, Photos, Plänen, Zeichnungen, eigenen Beobachtungen und „plausibel erscheinenden Mutmaßungen“ dar. Der Verein hat sich bemüht, die vorliegenden Informationen zu verifizieren und mit größter Sorgfalt vorzugehen. Aufgrund der problematischen Quellenlage müssen hier aber Abstriche gemacht werden – einem „akademischen Standard“ kann dieser Text nicht Genüge tun. Er ist auch nur ein Zwischenergebnis. Trotzdem wird die merkwürdige Geschichte dieses Kellers die Leser vielleicht gleichermaßen faszinieren wie unseren Verein. Fangen wir einmal ganz von vorne an:
In einem Aufsatz für den Band „Leben mit der Erinnerung: Jüdische Geschichte in Prenzlauer Berg“ hat Birgit Jerke die Geschichte des Gebäudes übersichtlich dargelegt. Hier eine kurze Zusammenfassung: Das Haus wurde 1880 von dem Ehepaar Manheimer als neues Altersheim der jüdischen Gemeinde gestiftet. Das bereits vorhandene Altersheim in der Großen Hamburger Straße war zu jenem Zeitpunkt überfüllt, es musste Abhilfe geschaffen werden. 1883 wurde das für 40 Bewohner konzipierte Gebäude in Betrieb genommen. Bis 1892 gab es zwei Anbauten. Das Heim zeichnete sich durch eine erstklassige Betreuung seiner Insassen aus. Seit dem Ersten Weltkrieg erwies es sich aber als schwierig, das Niveau der Fürsorge aufrecht zu erhalten. 1935 waren über hundert Menschen in dem Gebäude untergebracht. Während des Nationalsozialismus wurde die Versorgung und Betreuung der Heimbewohner immer problematischer. Im Jahre 1942 wurden das Gros der Bewohner von den Nazis in die Vernichtungslager verschleppt.
Danach wurde das Gebäude offenbar als Sammellager für weitere Transporte in die Vernichtungslager verwendet. Später saß dort die für Rüstung zuständige „Organisation Todt“. Im Zusammenhang mit dieser Nutzung wird in der Publikation „Kriegspfad Berlin 1945“ darauf verwiesen, dass im Keller des Gebäudes ukrainische Zwangsarbeiterinnen eingesperrt wurden. Diese jungen Frauen mussten in den Gewölben einer nahe liegenden Brauerei für die deutsche Rüstungsproduktion arbeiten. Diese Informationen konnten bis jetzt aber noch nicht verifiziert werden. Ursprünglich hatten sich in dem Keller des Hauses übrigens eine Waschküche, eine Roll- und Plättkammer, eine Küche, ein Vorratsraum, eine Heizkammer, ein Portiersplatz und eine Mädchenkammer befunden.
Im Juli 1944 wurde die Jüdische Gemeinde als Eigentümer des Gebäudes aus dem Grundbuch gestrichen, das Haus wurde der Stadt Berlin überschrieben. Nach dem Krieg wurde es 1946 von der ostdeutschen Polizei übernommen und ist vielen Bewohnern des Prenzlauer Berges noch als „VP-Inspektion“ bekannt. 1947 starben dort bei der Explosion unsachgemäß gelagerter Kriegsmunition acht Menschen. Über die folgenden Jahrzehnte hinweg wurden an dem Gebäude zahlreiche Baumaßnahmen unternommen, von denen unten noch die Rede sein wird. Es gibt Indizien, die auf eine mögliche Präsenz der Staatssicherheit in dem Gebäude hinweisen. Konkrete Beweise dafür liegen aber momentan nicht vor.
Im Jahre 2000 wurde das Gebäude von der Polizei geräumt und steht seitdem leer. Nach einem Rechtsstreit mit der Jewish Claims Agency wurde das Gebäude vor einigen Monaten der Jüdischen Gemeinde Berlins zugesprochen. Das unter Denkmalschutz stehende Haus soll verkauft werden. Nun zu den besonderen Merkmalen des Kellers:
Der Keller des Gebäudes besteht aus zwei Ebenen: dem Hauptkeller und dem Tiefkeller. Der Hauptkeller zieht sich entlang der Nord-Süd-Achse durch das gesamte Gebäude. Er besteht aus einem zentralen Gang, von dem auf beiden Seiten diverse Räume (inklusive des Heizungskellers) und zwei Treppenhäuser abgehen. Dabei ist zu erwähnen, dass dieses Kellergeschoss nicht vollständig, sondern nur zum Teil unter der Erde liegt. Durch Fenster dringt etwas Tageslicht in diesen Bereich.
Drei der Räume, die vom zentralen Gang des Hauptkellers abgehen, sind mit Gittertüren versehen und konnten dementsprechend als Zellen verwendet werden. Bemerkenswert ist aber vor allem ein separater Gefängnistrakt, der auf der östlichen Seite des nördlichen Hauptkellers eingerichtet wurde: Hier befindet sich ein kleiner Gang mit vier Zellen, der wiederum mit einer eigenen Gittertür abgesperrt werden kann. Es ist nicht genau bekannt, wann die Volkspolizei diesen Trakt einrichtete. Die Bitte unseres Vereines, Einsicht in die Bauakten nehmen zu dürfen, wurde von der Jüdischen Gemeinde abgelehnt.
1989 sollte der Hauptkeller mit den Zellen dann eine traurige Rolle spielen. Nachdem im Sommer die rigiden politischen Verhältnisse der DDR kleine Risse gezeigt hatten, gab es im Oktober erste öffentliche Proteste: Seit Anfang des Monats wurde in der Gethsemane-Kirche an der Schönhauser Allee eine Mahnwache für politische Gefangene abgehalten. Und im Umfeld dieser Kirche gab es dann am 7. und 8. Oktober schwere Übergriffe der Polizei und anderer „Sicherheitskräfte“ auf Teilnehmer der Mahnwache, Demonstranten und Unbeteiligte. Zahlreiche Menschen wurden ergriffen, auf die Ladeflächen von LKWs gestoßen und weggefahren.
Ein großer Teil dieser Personen wurde zunächst zum „Zentralen Zuführungspunkt Rummelsburg“ gebracht – und dort oft misshandelt. Da die Kapazität dieser Haftanstalt aber nicht ausreichte, wurden viele Gefangene dann auf diverse Berliner Polizeiwachen verteilt. Im Prenzlauer Berg waren es zum Beispiel die Wachen in der Immanuelkirchstraße und die VP-Inspektion Schönhauser Allee 22. Was dort mit den Demonstranten passierte, kann man in den Beständen des Robert-Havemann-Archives nachlesen. Dort befinden sich die Protokolle, in denen zahlreiche Opfer staatlicher Gewalt ihre Erlebnisse vom 7. und 8. Oktober 1989 festgehalten haben. Der Hauptkeller der Schönhauser Allee 22 findet dort mehrfach Erwähnung. Zunächst ein noch recht harmloses Protokoll von Dr. Wolf Mugrauer, der am 8. Oktober verhaftet wurde, als er alleine an einer Ecke an der Greifenhagener Straße stand. Zuerst wurde er auf eine Wache in der Greifenhagener Straße gebracht. Dann transportierte man ihn zur Station am Senefelder Platz:
Dort brachte man mich in einen Keller. Dort saßen bereits ca. 25 junge Leute auf dem Fußboden. Nach Ausziehen und Visitation, mit den Worten „Sie werden ja länger bei uns bleiben“ durfte ich mich zu den anderen Zugeführten setzen. Polizisten mit Gummiknüppeln in der Hand und Schäferhunden hatten uns zu bewachen. Es wurden mir auf meine Fragen keine Antworten gegeben. Der Umgangston der Bewacher und zuführenden Polizisten war rüde und entsprach in keiner Weise den Vergehen der „Zugeführten“. Unterdessen wurden ständig junge Leute in Handschellen aus den nebenliegenden Zellen zum Verhör geführt.
Ein Arzt mit Begleitung aus dem VP-Krankenhaus verließ den Zellentrakt. Mit oder ohne Patient war nicht zu sehen, nach ca. 3 Stunden wurde ich entlassen mit den Worten: „Wenn sie noch mal mit uns zu tun bekommen, dann geht es anders aus!“
Eine andere Person, die am 7. Oktober auf einer Demonstration verhaftet wurde, hatte in der VP-Inspektion weniger Glück:
Dort wurden wir in den Keller gejagt und mußten mit dem Gesicht zur Wand stehen. Wir waren ungefähr 17 bis 20 Personen.
Man holte mich dann zur Vernehmung, ich musste mich ausziehen und zwei Kniebeugen machen. Dann zog ich mich wieder an, und die Vernehmung ging los. Im Laufe der Vernehmung fiel mir auf, daß mit allen Mitteln versucht wurde, uns als Provokateure hinzustellen. Nachdem ich von 5 bis 15.30 Uhr mit dem Gesicht zur Wand gestanden habe – ich hatte zwei Tage lang nicht geschlafen, da ich an der Mahnwache teilnahm – bin ich zusammengebrochen. Ich wurde von zwei Polizisten in einen Raum geschleift und dort zusammengeprügelt, danach durfte ich wieder zu den anderen gehen und mich wieder mit dem Gesicht zur Wand stellen. Dort bin ich dann vollends zusammengebrochen.
Gegen 18 Uhr wachte ich im Polizeikrankenhaus auf, ein Arzt unterhielt sich mit mir und sagte, ich solle noch ein wenig liegenbleiben. Daraus wurde aber nichts, da kurz darauf ein Polizeiwagen kam und mich abholte. Ich wurde wieder zum Senefelder Platz gebracht. Dort traf ich nur noch 4 Personen bzw. Verhaftete wieder. Drei Namen wurden aufgerufen, darunter meiner und der eines Mädchens. Wir wurden zu einem LO gebracht, der auf dem Hof bereitstand, und, begleitet von 4 Polizisten, wurden wir zu einer Art Armeeobjekt Richtung Blankenburg gefahren.
Zwei weitere Gedächtnisprotokolle gaben dem Verein zunächst Rätsel auf: Hier war die Rede von einer Polizeiwache in der Senefelder Straße. Die VP-Inspektion Schönhauser Allee 22 liegt aber am Senefelderplatz. Da es jedoch im Prenzlauer Berg auch eine Senefelderstraße gibt, stellte sich zunächst die Frage, ob es sich hier um eine weitere Polizeiwache handelte, in der ebenfalls Demonstranten misshandelt worden waren. Eine Anfrage bei der Polizei ergab aber, dass es in der Senefelderstraße zu jener Zeit keine Wache gegeben hatte. Somit muss es sich auch bei diesen beiden Berichten um Ereignisse in der VP-Inspektion Schönhauser Allee 22 handeln. Hier das erste Protokoll:
Am Abend des 7. Oktober wurde ich ... von Sicherheitskräften ca. 21:30 festgenommen ohne erkenntlichen Grund. Danach wurde ich mit einigen anderen Leuten in das VP-Revier in der Senefelder Str. hingebracht wo man so gegen 21:45 angelangt war. Dort waren wir dann mit 24 Leuten und 6 Frauen gezwungen worden unten im Keller zu stehen und ruhig zu sein. Wer doch mal seinen Mund auf machte und nur die geringste Kleinigkeit sagte wurde mit äußerster Brutalität und Gewalt zur Ruhe gebracht. Gegen Morgen ca. 7:00-7:30 ist die erste Frau vor Erschöpfung zusammengebrochen und in Ohnmacht gefallen. Danach durften dann zumindest die Frauen in Zellen und durften sich ein wenig erholen indem sie sich auch hinlegen durften. Wir mußten weiterhin streng mit äußerster Haltung weiterstehen. Zwischendurch hatte man Vernehmungen, Fingerabdruck, Paßbild usw. Wir wurden alle wegen des Paragraphen 217 zur Rechenschaft gezogen, gegen uns wurde deswegen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Gegen 11:30 Uhr haben wir nach mehrmaliger Aufforderung unsererseits eine Bockwurst und was zu trinken gegeben. So gegen 13:30 klappte auch der erste Mann zweck’s des Stehens zusammen und fiel in Ohnmacht. Wenig später geschah es bei einem weiteren. Darauf durften wir uns für ca. 10-15 min. auf den kalten Fußboden hinsetzen bevor wir wieder weiter stehen mußten. Zwischen ca. ab 17:00 wurden wir nach und nach einzeln dem Haftrichter vorgestellt.
Das zweite Protokoll stammt von einer Person, die am 7. Oktober ohne erkennbaren Grund in der Stargarder Straße ergriffen und auf die Ladefläche eines LKWs gebracht wurde. Als sich etwa 10-12 Personen dort befanden, fuhr das Fahrzeug ab:
Der LKW fuhr rückwärts an ein Polizeirevier in der Nähe der Christburger Straße heran. Dort schrie jemand: „Wir sind voll!“ Der LKW fuhr dann zum Polizeirevier in der Senefelder Straße. Dort wurden wir von Hunden begleitet in den Keller geführt, in einen schlauchförmigen Raum vom etwa 2 m Breite und 10 bis 12 m Länge. Mit schreiendem Ton wurde uns befohlen, uns mit dem Gesicht zur Wand versetzt aufzustellen. An den Stirnseiten standen jeweils zwei Schutzpolizisten. An der vorderen Stirnseite wurden zusätzlich zwei scharfe Hunde an der Leine geführt.
Nach kurzer Zeit, etwa einer halben Stunde, mußte ich ins Nebenzimmer. Dort befanden sich 2 bis 3 Beamte. Ich mußte meine Taschen entleeren, meine Uhr abnehmen und mich völlig ausziehen, mich bücken, wurde nach Geschlechtskrankheiten befragt, mußte meine Personalien angeben. Diese Wehrlosigkeit bedrückte und beschämte mich schon auf das äußerste. Danach mußte ich mich wieder in dem schlauchförmigen Kellerraum hinstellen. Auf höfliche, vorsichtige Fragen wurde ich angeschnauzt „Du hast gar nichts zu melden!“ Wo war ich nur hingeraten!
In den nächsten Stunden, mein Zeitgefühl ging verloren, wurden noch etwa 20 Personen zugeführt. Sechs weibliche Personen mußten sich an der Stirnseite postieren. Irgendwann brach eine Frau zusammen und lag reglos am Boden. In der Nähe stehende Häftlinge wollten ihr behilflich sein. Sie wurden mit Gummiknüppeln auseinander getrieben. Die Frau blieb zunächst liegen. Eine andere Frau sagte, daß sie Krankenschwester sei und helfen könne, aber auch das wurde ihr verweigert. Endlich wurde die Zusammengebrochene von Beamten auf einen Stuhl gesetzt und dann weggeschleppt. Schon zuvor baten mehrere Häftlinge, doch wenigstens den Frauen das Sitzen zu gestatten.
Ein weiterer Fall wird dem Band „und diese verdammte Ohnmacht“ erwähnt, dem Bericht der Untersuchungskommission, die sich mit den Ereignissen des 7. und 8. Oktobers 1989 befasste. Dabei wurde eine Person in der VP-Inspektion die Treppe zum Keller heruntergestoßen und brach sich das Fersenbein. Insgesamt wurden an diesen beiden Tagen mindestens etwa 220 Personen von der Polizei und anderen Einsatzkräften verletzt (die reale Zahl wird weitaus höher liegen). Auf staatlicher Seite gab es etwa fünf Verletzte.
Eine weitere Besonderheit des Gebäudes ist der verbunkerte Tiefkeller, der über eine Treppe auf der östlichen Seite des Hauptkellers erreicht werden kann. Dieser Bereich wurde offenbar 1971 eingerichtet und besteht aus mehreren Räumen. Er wird nach außen hin durch eine massive Tür aus Metall gesichert. Diese hätte auch radioaktive Strahlung abhalten können. Der Bunker verfügt über einen Lüfter, der eine Versorgung des Bereiches mit sauberer Frischluft garantiert hätte. Außerdem gibt es dort ein großes Notstromaggregat.
An dem Notstromaggregat hängt ein „Kontrollbuch“, dass die regelmäßigen Probeläufe des Notstromaggregates protokolliert. Der erste vorhandene Eintrag stammt vom 23.11.1973, der letzte vom 12.6.1990. Insgesamt sind in dem Buch etwa 390 Probeläufe verzeichnet. Bei der Durchsicht dieses Buches vor Ort fiel einem Vereinsmitglied auf, dass das Buch offenbar nicht vollständig war: Zwischen den einzelnen Blöcken des Aggregates lag ein Blatt auf dem Boden, dass man offenbar aus dem Buch gerissen hatte (auch der Umschlag des Buches war bereits entfernt worden). Das Blatt war leider nicht erreichbar, man hätte es nur mit einem besonderen Instrument greifen können. Aber die Dichte der Einträge auf diesem Blatt schien den anderen Vermerken innerhalb des Kontrollbuches zu entsprechen. Demnach könnten die ersten Einträge von Anfang November 1973 stammen – wenn nur diese eine Seite aus dem Buch gerissen wurde.
Der Bunker in dem Keller war für einen zukünftigen Krieg gedacht. Es handelt sich dabei nicht um einen „Kampfbunker“, sondern um einen „Schutzbunker“. Während des Kalten Krieges wurden in Ost-Berlin nur wenige Schutzbunker für die Öffentlichkeit gebaut, in denen lediglich 2500 Zivilisten Platz gehabt hätten (im Westen Berlins waren es Ende der achtziger Jahre etwa 26 000 Schutzplätze). Bei den staatlichen Organen der DDR wiederum sah es anders aus, sie waren relativ gut mit Schutzräumen versorgt – wie auch die VP-Inspektion Schönhauser Allee 22. Und der Bunker im Tiefkeller war, wie unten noch zu lesen sein wird, nicht die einzige Sicherheitsmaßnahme für den Fall eines Krieges.
Es bleibt die Frage, ob es bereits während des Krieges Schutzräume in dem Keller gab. Der Hauptkeller, der ja nur zum Teil unter der Erde liegt, wäre als Bunker nicht geeignet gewesen. Zudem waren dort ja möglicherweise die erwähnten Zwangsarbeiterinnen einquartiert. Dafür, dass der verbunkerte Tiefkeller während des Krieges bereits existierte, fehlen konkrete Beweise. Es gibt nur einen einzigen, marginalen Hinweis: Eines der Überdruckventile in dem Bunker sieht so aus, als hätte man es zu DDR-Zeiten auf den Rahmen eines älteren, nicht mehr vorhandenen Überdruckventiles gesetzt. Rein theoretisch könnte das ältere Ventil aus dem Zweiten Weltkrieg stammen.
Neben dem erwähnten Lüfter befindet sich im Tiefkeller eine abgemauerte Stelle: Hier wurde die Wand einst aufgebrochen und dann wieder verschlossen. Als der Verein auf diese Stelle stieß, drängte sich die Frage auf, was sich hinter der Wand verbergen könnte. Eine Person, die einst in dem Gebäude gearbeitet hatte, gab dazu an, dass sich hinter der Vermauerung ein Fluchttunnel zum südlichen Nachbargebäude Schönhauser Allee 21 verbergen würde. Solche Tunnel hätte man auch „Kriechgänge“ bzw. „Krabbelgänge“ genannt. Sie wären für den Fall gedacht gewesen, dass man die normalen Ausgänge des Gebäudes nicht mehr hätte erreichen können – falls zum Beispiel eine Detonation Teile des Hauses zerstört hätte. Es würde sich also um eine Vorkehrung für den Kriegsfall handeln.
Leider gab es keine schriftlichen Quellen, die diesen Hinweis bestätigen konnten. Was tun? Der Verein fragte zunächst einmal Paul Bergner, der im Bereich militärischer Bauwerke der DDR als Experte gilt und mehrere Publikationen zu diesem Thema verfassst hat. Bergner bestätigte, dass es solche Fluchttunnel prinzipiell gab, zum Beispiel für Bunkeranlagen der Typen 10 und 30. Darüber hinaus wären sie auch bei anderen Objekten nachweisbar. Somit war die Existenz eines Fluchttunnels hinter der Mauer also nicht auszuschließen. Dann machte der Verein eine Person ausfindig, die Licht in das Dunkel bringen konnte. In diesem Text soll sie „Petra“ genannt werden. Sie sagte in diesem Zusammenhang Folgendes aus:
Bereits im August 1989 wurde das Gebäude Schönhauser Allee 21 besetzt. Und obwohl es direkt neben der VP-Inspektion lag, gestalteten sich die Beziehungen zur benachbarten Staatsmacht relativ friedlich. Petra zog 1990 in das besetzte Gebäude ein und war überrascht, als sie von dem Fluchttunnel hörte, der in den Keller des Gebäudes führt. Sie beschreibt den Tunnel als ellipsenförmig und nicht besonders groß, man konnte darin nicht aufrecht stehen. Der Tunnel besteht aus vorgefertigten Betonsegmenten. An die Länge des Bauwerkes kann Petra sich nicht genau erinnern. An beiden Ende konnte der Tunnel mit einer kleinen Metallklappe verschlossen werden. Es versteht sich von selbst, dass die Klappe auf der Seite der Hausbesetzer immer gut blockiert war!
In der ersten Hälfte des Jahres 1990 kam es dann zu einem Gespräch zwischen den Hausbewohnern und der Polizei. Dabei war die Existenz des Tunnels für die Besetzer das dringlichste Anliegen. Die Polizei verschweißte daraufhin die Metallklappe auf ihrer Seite. Petra fügt hinzu, dass sie damals den Eindruck gehabt hätte, dass die Polizisten größere Angst vor „ungebetenem Besuch“ aus dem Tunnel gehabt hätten als die Hausbesetzer. 1994 wurde im Rahmen der Sanierung des Gebäudes Schönhauser Allee 21 die Metallklappe entfernt und die Öffnung vermauert. Petras Aussage konnte später durch mehrere Quellen verifiziert werden.
Vor dem separaten Zellentrakt im Hauptkeller des Gebäudes befindet sich eine Metallklappe im Boden. Wenn man sie öffnet, kann man über eine Leiter in einen kleinen, niedrigen Raum hinabsteigen. Die Wand zum jüdischen Friedhof hin (also Richtung Osten) weist dort in ihrer Mitte eine große, auffällige Vertiefung auf, die typisch für eine für einen Durchbruch präparierte Stelle ist. Die erwähnte Person, die einst in dem Gebäude tätig war, sagte dazu aus, dass es sich hier um einen weiteren Fluchttunnel handeln würde. Mit einem Vorschlaghammer könnte man die dünne Wand relativ schnell durchbrechen. Wohin dieser Tunnel genau führt, wusste die Person nicht.
Der Verein fragte bei der Jüdischen Gemeinde an, ob man die Wand öffnen könnte, hatte mit diesem Anliegen nach anfänglicher Zustimmung jedoch keinen Erfolg. Da es offenbar keine entsprechenden Unterlagen gibt, kann man nur darüber spekulieren, was sich hinter dieser Wand verbirgt. Zunächst einmal kann man davon ausgehen, dass sich dort wahrscheinlich ein Tunnel befindet. Denn welchen Zweck würde der kleine, völlig leere Raum unter der Metallklappe sonst erfüllen? Und warum würde es sonst die Vertiefung in der Wand geben? Wenn man also davon ausgeht, dass hinter der Wand ein Tunnel liegt, so stellt sich die Frage nach dessen Länge und Verlauf:
Unmittelbar östlich des Gebäudes befindet sich ein etwa vier Meter breiter Geländestreifen, der zum Grundstück gehört. Dahinter liegt ein schmaler Weg, etwa einen Meter breit, der die westliche Grenze des jüdischen Friedhofes darstellt. Auf der anderen Seite des Friedhofes liegt wiederum der so genannte „Judengang“, der an die Rückseite einer Häuserzeile grenzt. Der Verein hat dieses Areal mehrfach abgesucht, konnte aber nirgendwo den Ausgang eines Tunnels lokalisieren – nicht auf dem Geländestreifen am Gebäude, nicht auf dem Friedhof und auch nicht auf dem Judengang. Auch eine Befragung des Personals auf dem Friedhof und Gespräche mit den am Judengang lebenden Hausbewohnern erbrachten keine Hinweise. Theoretisch wäre natürlich möglich, dass sich der Ausgang unter einem Grab befindet – aber hier würde unsere Spekulation in das Reich der James Bond-Filme abgleiten. Eine denkbare Möglichkeit wäre vielleicht noch, dass der Tunnel im Keller eines der Häuser am Judengang endet.
Insgesamt hält der Verein es aber für unwahrscheinlich, dass ein Tunnel unter dem Friedhof verläuft. Der kleine Raum unter der Metallklappe im Hauptkeller liegt nicht besonders tief und ein horizontal verlaufender Tunnel würde direkt in das Gräberfeld hinein führen. Man kann den staatlichen Organen der DDR solche Pietätlosigkeit vielleicht zutrauen, doch für die Tunnelbauer wäre es sicher eine unzumutbare Belastung gewesen, sich durch verfaulte Särge und Skelette zu graben. Außerdem befindet sich unter dem Friedhof eine Zisterne, die dem Tunnel wahrscheinlich im Weg gestanden hätte. Natürlich hätte der Tunnel auch schräg nach unten verlaufen können, um das Gräberfeld und die Zisterne zu unterqueren. Aber irgendwo hätte er dann ja wieder zur Oberfläche führen müssen – ganz zu schweigen von dem Aufwand, den solch eine Kostruktion erfordert hätte.
Noch viel wichtiger ist aber folgender Aspekt: Der Bau eines Tunnels aus Beton lässt sich nur mit bedeutenden technischen Ressourcen realisieren. Es hätte sich also um eine größere, kaum zu verheimlichende Maßnahme gehandelt (so hätte man zum Beispiel sehr viel Aushub entsorgen müssen). Wenn die Jüdische Gemeinde oder andere interessierte Personen davon erfahren hätten, wäre die „antifaschistische“ DDR in einen handfesten politischen Skandal verwickelt gewesen – gerade weil im Judentum die Totenruhe von immenser Bedeutung ist und der Friedhof an der Schönhauser Allee zu den bedeutendsten jüdischen Grabstätten Deutschlands zählt. Dies hätte negative Auswirkungen auf das Image des um seine Reputation bemühten ostdeutschen Staates gehabt. Hätte man dieses Risiko nur für den Fluchttunnel einer VP-Inspektion auf sich genommen?
Somit kann man mit relativ großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass der Tunnel, wenn er denn existiert, nichts ins Gräberfeld führt, sondern bereits auf dem erwähnten Geländestreifen östlich des Gebäudes endet. Theoretisch wäre auch denkbar, dass der Tunnel auf den kleinen Freiflächen nördlich bzw. südlich des Gebäudes endet. Auf dem Geländestreifen und auf den Freiflächen befinden sich einige Metallklappen und sonstige Abdeckungen, die dafür in Frage kommen könnten. Dafür müsste der Tunnel allerdings einen Knick machen. Am Ende all dieser Vermutungen steht die banale Tatsache, dass nur eine Öffnung der Wand mit der Vertiefung das Rätsel lösen kann.
Es kam dem Verein fast schon grotesk vor, als er während seiner Recherchen von einem weiteren unterirdischen Notausgang in unmittelbarer Nähe der Schönhauser Allee 22 erfuhr: Ein Mitarbeiter des Robert-Havemann-Archives erzählte von einem Wanddurchbruch, der die Keller der benachbarten Häuser Schönhauser Allee 21 und 20 miteinander verband. Diese Information konnte auch von der zitierten Bewohnerin des Hauses Nummer 21 bestätigt werden. Was hat es mit diesem Fluchtweg auf sich?
Im Jahre 1990 war nicht nur das Haus Nr. 21 besetzt, sondern auch das Nachbargebäude Nr. 20. Zu jener Zeit mussten die Bewohner dieser Häuser nicht nur mit einer Räumung oder sonstigen Aktionen der Polizei rechnen, es kam noch eine ganz andere Bedrohung hinzu: Während der Prenzlauer Berg heutzutage als „Szene-Bezirk“ oder „linkes Pflaster“ bekannt ist, gab es dort am Anfang der neunziger Jahre eine rechtsradikale Subkultur, die nach der Wende entstanden war. Diese machte auch durch Überfälle auf besetzte Häuser von sich reden. Besonders gefährlich war die Situation, wenn der BFC Dynamo im nahe liegenden Ludwig-Jahn-Stadion spielte. Danach kam es oft vor, dass größere Gruppen von Hooligans linke Treffpunkte in der benachbarten Kastanienallee angriffen und ihre Aufmerksamkeit dann den zwei besetzten Häusern in der Schönhauser Allee widmeten.
Um dieser Gefahr zu begegnen, wurden die Haustüren beider Gebäude verbarrikadiert. Der Durchbruch im Keller ermöglichte es den Besetzern, die Kommunikation zwischen beiden Häusern in bedrohlichen Situationen aufrecht zu erhalten und im Notfall auch für „Verstärkung“ zu sorgen und Gegenstände zu transportieren – oder aus einem der Häuser in das andere zu flüchten. Die Bewohner konnten sich in den dunklen Kellern gut orientieren, während Fremde sich dort schnell verletzt und den Durchbruch vielleicht gar nicht bemerkt oder gefunden hätten (zumindest der Keller des Hauses Nummer 21 ist recht verwinkelt und bietet auch bei Licht diverse Möglichkeiten, sich den Kopf zu stoßen oder zu stolpern). Zudem wären bereits ein oder zwei Personen auf der anderen Seite der Wand in der Lage gewesen, den Durchbruch gegen nachrückende Verfolger zu sichern.
Für diesen Fluchtweg hatten die Besetzer übrigens eine Stelle ausgesucht, die bereits während des Zweiten Weltkrieges für einen Durchbruch präpariert worden war. Damals hatten nämlich viele Berliner bei Bombenangriffen in ihren Hauskellern Schutz gesucht. Falls das Gebäude über ihnen getroffen wurde, konnten sie an der entsprechenden Stelle die Wand durchschlagen und sich in den benachbarten Keller retten. Später wurde der Durchbruch zwischen den Häusern 21 und 20 dann verschlossen, wahrscheinlich um 1994 bei der Sanierung des Gebäudes Nummer 21. Die entsprechende Stelle befindet sich heutzutage hinter einem Verschlag.
Der Keller des Gebäudes Schönhauser Allee 22 ist ein ungewöhnliches historisches Dokument. Er erzählt von einem innerlich und äußerlich hochgerüsteten Staat, der seine Macht um jeden Preis sichern wollte. In dem Zellentrakt bekamen die couragierten Oppositionellen, die am 7. und 8. Oktober 1989 auf die Straße gingen, die Macht des Staates noch einmal „handfest“ zu spüren. Wenn in den Geschichtsbüchern heutzutage die Rede von einer „friedlichen Revolution“ ist, so sollte man sich dieser Ereignisse erinnern!
Zugleich zeigte sich – so paradox es auch klingen mag – damals bereits, dass der Staat und sein Repressionsapparat erlahmten. Denn was in dem Keller der VP-Inspektion geschah, war sicher schrecklich, ist aber nicht zu vergleichen mit der brachialen Gewalt, die es 1953 in der DDR, 1956 in Ungarn und 1989 in China gab. Die vergreisten SED-Herrscher wollten die Oppositionsbewegung mit „etwas Gewalt“ in Griff bekommen. Zu mehr waren sie glücklicherweise nicht in der Lage. Denn sie ahnten wahrscheinlich, dass fer „große Bruder“ Moskau militärische Gewalt gegen Demonstranten nicht unterstützen würde. Schließlich war dort ein Michail Gorbatschow an der Macht …
Der Bunker und der Fluchttunnel in das Nachbargebäude sind Zeugnisse des Kalten Krieges, als man sich in Ost und West auf einen möglichen Atomkrieg vorbereitete. Die „Zivilschutzprogramme“ jener Zeit waren nur eine Farce, die eine Illusion von Sicherheit vermitteln sollten. Im wohlhabenden Westen hätten insgesamt vielleicht fünf Prozent der Zivilbevölkerung Schutzplätze gehabt, in den verarmten sozialistischen Staaten waren diese Programme zumeist nicht der Rede wert. Nur für die Politiker und für die staatlichen Organe wurde auf beiden Seiten relativ gut gesorgt. Aber auch hier kann man nur von „Wahnsinn“ sprechen:
Was für eine verheerende Wirkung ein Atomkrieg in einem dicht besiedelten Stadtteil wie dem Prenzlauer Berg gezeigt hätte, kann man sich kaum vorstellen. Eine Szene unbeschreiblicher Verwüstung hätte sich dargeboten. Wie lange hätten die Polizisten der VP-Inspektion, wenn sie überhaupt rechtzeitig in den Tiefkeller gekommen wären, es in dem engen Bunker ausgehalten? Und dann? Vielleicht hätten sie das Gebäude noch durch die Bunkertür verlassen können. Oder ein verschüttetes Treppenhaus hätte sie gezwungen, den Fluchttunnel zu benutzen. Was hätte sie dann wiederum im Keller des benachbarten Gebäudes erwartet ... und an der zerstörten, verstrahlten Oberfläche?
Der Bunker und der Fluchttunnel erzählen von dem sinnlosen Aufwand, den man betrieb, um die Auswirkungen der nuklearen Apokalypse zu minimieren. Das an dem Notstromaggregat baumelnde „Kontrollbuch“, in dem die regelmäßigen Probeläufe des Motors protokolliert wurden, mutet in diesem Zusammenhang fast schon bizarr an. In der Schönhauser Allee 22 sieht man ein verkleinertes Abbild jener teuren und zugleich nutzlosen Anlagen, die während des Kalten Krieges auf beiden Seiten des Eisernen Vorhanges errichtet wurden.
Mit den Hausbesetzern, die 1990 bewirkten, dass der in ihren Keller führende Tunnel verschweißt wurde und sich zudem einen eigenen Fluchtweg ins Nachbargebäude schufen, wird die Geschichte des Kellers von einer weiteren historischen Ebene überlagert: Plötzlich schwappte das nur aus der BRD bekannte Phänomen der Hausbesetzungen in die sich auflösende DDR hinein – und traf dort auf die Ohnmacht einer verunsicherten Obrigkeit. Denn in der alten BRD, die eine besetzte Hafenstraße in Hamburg gerade eben noch hinnahm, wären zwei besetzte Häuser direkt neben einer Polizeistation wohl undenkbar gewesen!
Diese Zustände wurden dann mit einem weiteren Phänomen konfrontiert, das ursprünglich aus dem Westen stammte und im Osten Deutschlands erst nach der Wende öffentlich auftauchte: einer gewalttätigen, rechtsgerichteten Subkultur, die sich zum Beispiel im Umfeld bestimmter Fussballclubs manifestierte. Die unterirdische „Verteidigungsmaßnahme“, der Durchbruch der Kellerwand, wurde wiederum an einer Stelle durchgeführt, die bereits während des Zweiten Weltkrieges dafür präpariert wurde – unter den Vorzeichen des Bombenkrieges. Hier verknäulen sich die historischen Ebenen ineinander.
Seit 2000 herrscht in dem Keller Ruhe. Es bleibt zu hoffen, dass die zahlreichen historischen Spuren dort auch in Zukunft erhalten bleiben. Leider muss jedoch konstatiert werden, dass die Jüdische Gemeinde an der Geschichte des Gebäudes nur marginales Interesse hat und dem Verein während seiner Recherchen kaum Unterstützung zukommen ließ. Werden die neuen Besitzer des Gebäudes die Relikte der Geschichte achten? Oder wird die nächste historische Schicht alle anderen Spuren zerstören?
Zum Schluss möchte der Verein noch einmal auf die offenen Fragen hinweisen, die bis jetzt nicht beantwortet werden konnten:
a) Gibt es tatsächlich einen Fluchttunnel auf der östlichen Seite des Gebäudes? Wenn ja – wohin führt er? Wenn nicht – welche Funktion erfüllt der kleine Raum unter dem Hauptkeller? Was verbirgt sich hinter der dünnen Stelle in der Wand?
b) Wie ist der in die Schönhauser Allee 21 führende Fluchttunnel beschaffen?
c) Gab es derartige Fluchttunnel auch in anderen Polizeistationen?
d) Gab es bereits während des Krieges einen Tiefkeller mit Schutzräumen im Gebäude?
e) Wurden auch andere DDR-Polizeistationen mit verbunkerten Schutzräumen versehen? Oder handelt es sich hier um einen „Sonderfall“, der in einer speziellen MfS-Präsenz im Gebäude begründet lag? Oder war diese Wache nur so gut geschützt, weil sie im Prenzlauer Berg lag – einem Bezirk, in dem mit Unruhen gerechnet werden musste.
f) Auch über den Zellentrakt im Hauptkeller wären weitere Informationen wünschenswert.
g) Wurden während des Krieges tatsächlich Zwangsarbeiterinnen im Hauptkeller eingesperrt? Wie viele waren es? Wie lange hielt man sie dort fest?
Ein Keller erzählt deutsch-jüdische, ostdeutsche und Berliner Geschichte ... und wirft zahlreiche Fragen auf. Deswegen kann dieser Text eben nur ein Zwischenergebnis sein. Vielleicht werden sich in den Archiven noch Antworten finden, vielleicht können die LeserInnen dieses Artikels helfen. Das Gebäude hätte zumindest eine Gedenktafel verdient, die an die einstigen Bewohner des jüdischen Altersheimes und an diejenigen erinnert, die 1989 dort misshandelt wurden. Leider zeigten die Institutionen, die der Verein in diesem Zusammenhang kontaktierte, nur geringes Interesse …
Der Verein möchte allen Personen danken, die ihm bei den Recherchen geholfen haben – vor allem Christoph Klemke, ohne dessen Unterstützung dieses Projekt nicht möglich gewesen wäre.
August 2007